„Was schreibst du denn grad?“
„Ach, ich stell mir vor, wie es wäre, wenn es in der Schule in diesem Jahr mal wieder langweilig wäre…“
„Ernsthaft? Das wünscht du dir nicht wirklich. Und das gab es auch noch nie.“
Die letzten drei Jahre waren für viele Schüler/innen und Lehrer/innen anstrengend und hektisch. Distanzunterricht, Maskenpflicht, Hygienemaßnahmen, Krieg in der Ukraine oder auch gesellschaftlich-wirtschaftliche Veränderungen haben dazu geführt, dass sich der Schulalltag verändert hat. Nun, zu Beginn eines neuen Jahres, könnte man sich wünschen, dass es etwas ruhiger zuginge. So etwas wie Langeweile in der Schulentwicklung. Denn weniger Hektik würde es allen Beteiligten ermöglichen, sich besser aufs Lernen und Unterrichten zu konzentrieren.
War es denn vor Corona anders hektisch oder langweiliger?
Es ist schwer zu sagen, ob Schule vor der Corona-Pandemie generell weniger hektisch war, da dies von Schule zu Schule und auch von Person zu Person unterschiedlich gewesen sein mag. Manche Schüler/innen und Lehrer/innen könnten das Gefühl gehabt haben, dass der Schulalltag vor der Pandemie weniger hektisch war, während andere vielleicht das Gegenteil empfunden haben. Wir verklären das ja wahrscheinlich auch. Denn ich finde in meinen Aufzeichnungen von „davor“ immer wieder auch Hinweise darauf, dass der schulische Alltag von den Beteiligten als „sehr stressig“ empfunden wurde. „So viel, so schlimm wie in diesem Jahr es noch nie!“ oder auch „können wir nicht mal ein Schuljahr keine Veränderungen haben?“ (Wortbeitrag in Richtung Arbeitskreis Schulentwicklung) waren auch bis Ende 2019 zu hören.
Nur neue Themen
Natürlich: es kamen in den letzten drei Jahren Themen in die Schule, die es vorher noch nicht oder nicht so ausgeprägt gab: es gibt „dank“ Corona den großen Schub für die Digitalisierung, dann einen erweiterten Blick auf DaZ-Unterricht bzw. für geflüchtete Schüler/innen, es gibt deutlich mehr tägliche Statistiken, die erfasst werden (müssen…), größere Heterogenität im Klassenraum v.a. im Übergang Grundschule/weiterführende Schule undund. Naja, da lernen wir halt dazu, oder? Treten aus der Komfortzone und lernen hinzu. Auch Schule lernt doch immer weiter. In 2023 werden uns in der Schule ChatGPT und deren KI-Gefährten sicher auf Trab halten.
Wachstum ist immer außerhalb der Komfortzone
Denn Lernen und Wachstum ist selten bis gar nicht in der Komfortzone. Wir verlassen das Gewohnte, das Bekannte, die Routine und schauen, was da draußen so Neues ist. Wir erweitern unsere Fähigkeiten, probieren neue Dinge aus, setzen uns mit Herausforderungen auseinander, die uns zunächst ungewohnt sind. Hier in der Wachstumszone findet das Lernen statt. Nur in der Komfortzone zu verharren, ist flaues Einlullen in einer bequemen, vermeintlich sicher kontrollierten Blase ohne persönliches Wachstum.
Unsere Lebendigkeit, Leben und Lernen findet am Ende der Komfortzone statt.
Und darüber hinaus!?
Wird es jedoch zu viel Neues, sind die Herausforderungen zu unbekannt und zu wild, dann wird es stressig. In der dritten, der Panik-Zone sind uns Abläufe und mögliche Handlungen so fremd, dass wir hektisch werden, dass wir erstarren oder überwältigt sind. (Hier eine kleine Studie zum Stresserleben von Schulleitern in der Corona-Zeit, wo der dauerhafte Aufenthalt in der Panikzone laut durchklingt.) Es ist also wichtig, ein gesundes Gleichgewicht zu finden und gelegentlich auch wieder in die Komfortzone zurückkehren und entspannen zu können, während man sich zugleich immer wieder herausfordert, herausfordern lässt und Neues lernt.
Vielleicht drückt das also den Wunsch nach vermeintlicher „Langeweile“ aus: der lang anhaltende, nicht stoppende Zwang, in der Schulentwicklung die Komfortzone zu verlassen, führte zu schlechtem Stress. Es gab zu wenig Inseln des Rückzugs, weil die nächste vermeintliche Krise schon um die Ecke kam.
Bitte keine Langeweile
Nein, langweilig soll es also nicht werden, langweilig wird es auch nicht werden. Denn ein Schuljahr, in dem es für die Lehrkräfte oder Schulleitungen „langweilig“ wird, könnte frustrierend sein, uns lähmen und die Arbeitsmotivation verringern. Wir sind in der Regel daran interessiert, uns weiterzuentwickeln, den Schüler/innen Wissen und Fähigkeiten beizubringen und sie dabei zu unterstützen, sich zu entwickeln. Und das auch immer wieder reflektieren, anders denken. Wir wollen dazu lernen und Schule ein Stück (klein oder riesig) besser machen.
Gleichzeitig wäre es auch zu beachten, dass ein Schuljahr, in dem es einige externe Herausforderungen weniger gibt, möglicherweise auch weniger anstrengend sein könnte. So also mehr Zeit und Energie zu erfahren, um sich auf andere Dinge zu konzentrieren, zurück zu besinnen, wie zum Beispiel die eigene Weiterbildung, guten Unterricht oder gelassene, mittelfristige Schulentwicklung.
2 Gedanken zu „Wie wären denn mal langweilige Zeiten in der Schulentwicklung?“
Dein letzter Absatz klingt zu schön, um wahr zu werden ;).
Schön wär’s schon.
Inseln des Rückzugs… Schöner, warmer Gedanke, den ich gern mitnehme. Gutes Gelingen in 2023.