Ein Phänomen der Moderne, das durch die Bewusstwerdung der begrenzten Lebensspanne und der im Vergleich dazu unermesslich scheinenden Menge an verfügbaren Büchern entsteht. Typischerweise tritt die existenzielle Buchpanik bei Individuen ein, die bereits eine gewisse Menge an Büchern gelesen haben und …
…sich der Tatsache bewusst werden, dass sie, trotz hohem Lesetempo, niemals alle Bücher lesen können, die sie interessieren könnten.
Buchpanik
Die Symptome variieren, reichen jedoch von leichter Unruhe beim Anblick einer Bestsellerliste bis hin zu schwerer Schlaflosigkeit ausgelöst durch die Vorstellung, dass jedes Jahr neue, potenziell lesenswerte Bücher veröffentlicht werden, die die ohnehin schon zu langen Leselisten weiter verlängern. (Momentan sind es hier vier sorgsam kuratierte Unterlisten.)
Die von der Buchpanik Betroffenen versuchen oft, das Problem zu lösen, indem sie verschiedene Strategien anwenden, darunter das Stöbern in Bestsellerlisten, das Stöbern in Kanons (die Diskussion über einen Literaturkanon war früher heftiger, oder?), das zeitweise Anschließen an Buchclubs, das Abtauchen in bestimmte Genres, Fotografieren von Buchladen-Schaufenstern oder die Suche nach einer Goodreads-Alternative. In der Regel führt all das jedoch nur zu einer längeren Leseliste und damit zu einer Zunahme der existenziellen Buchpanik. (Vor einem „Buchtrinker“ wie Tinius möge man sich in Acht nehmen.)
Eine Schätzung
Ich mein‘, wie lange hab ich noch, so ungefähr? Sagen wir mal 30 Jahre. (Weil es hier so schön ist, darf es gern etwas mehr sein.) Schaue ich mir die Listen der letzten Jahre an (z.B. 21, 22), dann sind vielleicht 30 bis maximal 40 Bücher pro Jahr realistisch. Je nachdem wie die Sommerferien verlaufen.
Mit einer einfachen Multiplikation ergibt sich eine Zahl, die – wenn es gut läuft – gerade noch vierstellig ist. Abzählbar, eine endliche Menge. Diese Bücher könnte man in einen Raum stellen!
Was bedeutet das? ich werde auswählen müssen, ich werde nie alle guten Bücher lesen können.
Ohne Ende
Das Leben ist endlich und der Sehnsucht nach Wissen, Verstehen und Erleben unstillbar. Ein echtes Heilmittel gegen die existenzielle Bücherpanik hab ich noch nicht gefunden. Ich lese weiter. In manchen stillen Lesemomenten reift leise die Erkenntnis, dass der Lesegenuss nicht von der Quantität sondern von ihrer Qualität abhängt. Doch es bleibt
Schreibe einen Kommentar