Dedering: Wenn Experten in Schule kommen (Rezension)

Der Ruf der externen Schulentwicklungsberater ist so unterschiedlich wie ihr Tätigkeitsfeld vielfältig. Da ist die ganze Bandbreite vertreten. Ebenso ist die Wirkung oder besser: ihr Nutzen in den Kollegien umstritten. – Gleichzeitig machen (eigentlich alle) Schulen einen starken Wandel durch, so dass es in den letzten Jahren einen ansteigenden Bedarf an Schulentwicklungsberatern gibt.

In dem Buch „Wenn Experten in Schule kommen – Schulentwicklung empirisch betrachtet“ führt die Erfurter Professorin für Bildungsinstitutionen und Schulentwicklung Kathrin Dedering zusammen mit K.-J. Tillmann in diesen Bereich ein und strukturiert das Feld von Grund auf.

Die Autoren sind sich ihrer inhaltlichen Grenzen bewusst und führen sorgsam und grundlich durch das Buch: Zuerst die Begriffe und das theoretische Feld klären, dann die Studie methodisch vorstellen und Ergebnisse präsentieren. Schließlich ein systematischer Fallvergleich und Ausblick.

Im Inhaltsverzeichnis sieht das dann so aus:

  1. Externe Schulentwicklungsberatung – was ist das?
  2. Der theoretische Blick auf die ext. Schulentwicklungsberatung
  3. Fragestellung und methodisches Vorgehen
  4. Ext. Schulentwicklungsberatung in NRW – Ergebnisse der Schulleitungsbefragung
  5. Unternehmensberater und schulische Qualitätsentwicklung – drei Fallstudien
  6. Schulpraktiker als Berater bei der Unterrichtsentwicklung – drei Fallstudien
  7. Systematischer Fallvergleich und theoretische Einordnung
  8. Fazit und Perspektive

(ergänzt um Literatur und Anhang)

Im ersten Kapitel wird durch viel Beispiele (Unternehmensberater, Professor, Fortbildner des Landesinstituts, teilabgeordneter Lehrer) in die externe  Beratung an Schulen eingeführt.

Wir verstehen in dieser Arbeit unter externer Schulentwicklungsberatung die Unterstützung von Schulen durch Personen, die nicht zum Kollegium gehören. [S.18]

Gerahmt wird die Arbeit durch drei theoretische Zugänge – die Beratungstheorie, die Schulentwicklungstheorie und das Konzept der Educational Governance. Diese Theorie gibt dem Leser einen guten Überblick und auch wer von educational governance noch nichts gehört, kann sich in diesem Buch einen Zugang verschaffen.

Das Forschungsprojekt WIBB

Kern des Buchs sind Ergebnisse eines mehrjärigen Forschungsprojekts („Wie beraten Berater?“ – WIBB): Zum einen werden Ergebnisse eine Befragung der Leitungen aller allgemeinbildenden Schulen in Nordrhein-Westfalen mit Sekundarstufe I durchgeführt. Zum anderen wurden Fallstudien an sechs, nach systematischen Kriterien ausgewählter Schulen vorgenommen. Diese Kapitel 4 bis 6 sind (mit 220 der insgesamt 350 Seiten) naturgemäß die umfangreichsten. Ich hab mich ertappt, hier schneller geblättert und nur die Zusammenfassungen gelesen zu haben. Wobei es auch in den Details der Befragung Interessantes zu entdecken und zu reflektieren gibt (Beratungsdauer, Honarare, Nutzen der Beratung, Arbeitsformen, …)

Die sechs Fallstudien mit 3 schulfernen und 3 schulnahen Beratern werden ausführlich dargestellt. Das ist auch nicht wenig Text, liest sich aber umso interessanter, je näher das Beispiel am eigenen Fall oder der eigenen Schule liegt.

Die Fallstudien

Drei „schulferne“: die Management-Qualifizierung der Funktionsträger durch Unternehmensberater, die Installierung klassenbezogener Lehrerteams mit Hilfe eines Pädagogikprofessors und eine Stärken-Schwächen-Analyse mit Begleitung eines Unternehmensberaters.
Drei „schulnahe“: Einführung Methodencurriculum begleitet durch Lehrkräfte aus benachbartem Kreis, Methodencurriculum moderiert durch einen erfahrenen Schulleiter und Qualifizierung für die Arbeit in heterogenen Lerngruppen vermittelt durch eine erfahrenen Fortbildner bzw. aktiven Lehrer.

Differenziert geht das Autorenteam dabei auf die Beurteilungen aller Akteure und die Wirkungen ein und zeigt dann idealtypische Abläufe einer Schulentwicklungsberatung auf.
In allen (Zwischen-)Fazits wird dabei auf die drei Theorien klar getrennt Bezug genommen. Aus jedem Blickwinkel (Beratungstheorie, Schulentwicklungstheorie, Educational Governance-Theorie) ergeben sich unterschiedliche Akzentuierungen und Folgerungen.

Das letzte Kapitel schnürt dann alle Erkenntnisse zusammen, sichtet das gesamte Feld, entdeckt unerforschte Themenkomplexe und formuliert zahlreiche Forschungsdesiderate auf dem Gebiet der externen Schulentwicklungsberatung. Bemerkenswert bescheiden mutet dann das Schlusswort an:

Erste Daten über die Verbreitung externer Beratung liegen nun ebenso vor wie Hinweise auf Effekte im Lehrerhandeln. Und bei Entscheidungen über anstehende Beratungsprozesse kann man sich jetzt auf empirisch identifizierte Gelingens- und Misslingensbedingungen beziehen. Dass unsere Pilotstudie hier nur als ein Auftakt angesehen werden kann, dass damit das vorhandene Forschungsdefizit nur bescheiden reduziert werden konnte, ist uns sehr wohl bewusst. Doch immerhin: Ein Anfang ist gemacht. (S. 345)

So ist es.

Für wen ist das Buch geeignet?

Erziehungswissenschaftler/innen, die (durch dieses Buch) aufbereitete Forschungsfragen suchen;
Schullleiter/innen, die die ihren Blick auf die Auswahl externen Schulentwicklungsberater schärfen und ihr Wissen um den Beratungsprozess verbessern wollen,
Schulentwicklungsberater/innen selbst, wenn sie reflektieren wollen, wie sie ihre Wirkung verbessern können.
Auch Lehrer/innen, die sich in das Feld der externen Schulentwicklung einarbeitern wollen? Ja, die auch, wobei sie sicher nicht erste Zielgruppe sind.

Das Buch „Wenn Experten in die Schule kommen – Schulentwicklungsberatung empirisch betrachtet“ von K. Dedering, K.-J. Tillmann, M. Goecke und M. Rauh ist im Springer Verlag erschienen, hat 360 Seiten und kostet bei Amazon €39,99.


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